Das Mafia-Spiel (Nacht in Palermo)

 

0.    Zielsetzung

Das Mafia-Spiel spielt einen Entscheidungskampf zwischen Guten und Bösen, der vorwiegend mit rhetorischen und argumentativen, aber auch mit analytischen Mitteln ausgefochten wird. Persönliche Überzeugungsfähigkeit ist dabei wichtig. In prozeßähnlichen Situationen wird der Spieler gezwungen, um sein Leben zu reden. Meist kommt es dabei zu einem hohen Grad an Identifikation mit der eigenen Rolle, was den Spaß erheblich steigert. Wie im richtigen Leben, ist die Mafia als solche für Außenstehende nicht zu erkennen, denn Mafiosi spielen   Tags die Gerechten, nachts morden sie heimlich - eine Versuchsanordnung, die auch dazu beiträgt, die Mechanismen realer Subversion zu begreifen.
 

1. Vorbereitung:

1. a     Quotierung

Eine Gruppe von idealerweises 12 bis 16 Spielern setzt sich im Kreis um einen Tisch. Der Spielleiter entnimmt einem Skatblatt soviele Karten, wie es Mitspieler gibt; ein Viertel  der entnommenen Karten muß rot sein, der Rest schwarz (also bei 12 Spielern: 3 x rot, 9 x schwarz, bei 16: 4 rot, 12 schwarz; bei anderen Zahlen empfiehlt sich eine opportune Rundung).
 

1. b    Gerecht oder Mafioso? (Der Akt der Selbstfindung)

Diese Karten werden zunächst verdeckt verteilt; jeder Spieler schaut nur seine eigene Karte an und erfährt so, was er ist:

                    schwarze Karte =  du bist  gerecht
                    rote Karte         =  du bist Mafioso

Dann beginnt ohne Verzögerung das eigentliche Spiel.
 

2. Das Spiel

2. a    Die "erste Nacht" (Der Akt der partiellen Zueinanderfindung)

Der Spielleiter läßt es mit blumigen Worten Nacht werden ("Die Sonne über Palermo versinkt bei Capri im Toten Meer..." oder ein ähnlicher periphrastischer Unfug). Die Spieler schlafen alle ein, d. h. sie halten sich die Augen zu und legen den Kopf auf den Tisch. Beobachtungen in dieser Phase zu sammeln ist streng verboten, weil das dem Spiel seinen Charme nimmt; was man da gehört oder gesehen hat, ist als Argument unzulässig!
Dann läßt er mit unheilschwangerer Stimme die Bösewichter aufwachen ("Alles schläft, einsam wacht.... die Mafia: drei Häupter erheben sich..."): Die Mafiosi erheben das Haupt und blicken einander an: Nun kennen sie sich gegenseitig und können im Spiel entsprechend handeln. Die Mafiosi werden darauf wieder schlafen gelegt; dann wird es Morgen, der Spielleiter weckt alle, und es beginnt...

2. b    Der erste Tag (erster Justizmord)

Die Tage sind immer eine Mischung aus öffentlichem Überlegen, Ermittlungsverfahren und Gerichtsverhandlung. Es beginnt also eine allgemeine Diskussion (die der Spielleiter notfalls in Gang bringen muß) über die Frage, wer verdächtig sein könnte. Naturgemäß leigt zunächst nichts Belastendes vor, zumal nächtliche Beobachtungen als Argument unzulässig sind. Dennoch wird vielleicht der ein oder andere sich anders als üblich verhalten, oder man kann ihm dies zumindest unterstellen. Nach einer angemessenen Diskussionszeit kann man dann Anklage gegen einen Mitspieler erheben, d. h. im Jargon, "ihn auf die Liste setzen". Die Liste wird im Kopf des Spielleiters geführt; geistig weniger bemittelte dürfen auch Papier und Bleistift zu Hilfe nehmen (Füller erst ab Klasse 2!).  Man kann unter dem Eindruck anderer Argumente auch den Spieler  wieder von der Liste nehmen, den man selbst darauf gessetzt hat.
Wenn die Liste geschlossen ist (an  den ersten beiden Tagen sollten jeweils drei Spieler auf ihr stehen, an den späteren Tagen genügen zwei Kandidaten), beginnt die eigentliche Verhandlung: Ankläger 1 faßt seine Anklagepunkte in einem  Plädoyer zusammen, Angeklagter 1 verteidigt sich in seiner Widerrede gegen diese Anklage. Es folgt Ankläger 2, dann Angeklagter 2 usw. Ist ein Spieler in zwei Funktionen dabei (z. B. könnte es sein Ankläger 1 von einem anderen selbst angeklagt wird), darf er beide Reden nicht miteinander vermengen.
Sind alle Plädoyers gehalten, wird über die Angeklagten in der Reihenfolge der Liste abgestimmt;  jeder Spieler muß genau eine Stimme abgeben. Wer den Angeklagten 1 für schuldig hält, stimmt also für ihn, wer Nr. 2 für schuldig hält, für jenen usw. Wer die meisten Stimmen auf sich vereinigt, wird "exekutiert", d. h., er darf nicht mehr mitspielen , nicht mehr abstimmen, nichts mehr sagen; dafür darf er Nachts wach bleiben und sieht dann alle hintergründe. Bei Stimmengleichheit kann der Spielleiter eine Stichwahl anordnen; ansonsten sind bei Stimmengleichheit beide Kandidaten tot. Die Verurteilten drehen ihre Kart um, so daß man sieht, ob sie gerecht oder mafios waren.

Sofort nach der Abstimmung läßt des Spielleiter alle noch lebenden Teilnehmer einschlafen, es beginnt
 

2. c    Die zweite Nacht (erster Mafia-Mord)

Die Mafiosi werden geweckt. Mit stummem Fingerzeig einigen sie sich auf ein Mordopfer und zeigen es dem Spielleiter. Dann schlafen sie wieder ein, und es beginnt der nächste Tag.
 
Fakultative Sonderregel: der Detektiv

Detektiv ist derjenige Gerechte, der das Kreuz As gezogen hat. Wir mit Detektiv gespielt, hat die zweite Nacht folgende Besonderheit: Nach dem Mord der Mafia schlafen die Mafiosi ein, doch dann wird der Detektiv geweckt. Der Spielleiter zeigt ihm stumm, wer zur ehrenwerten Gesellschaft gehört. Der Detektiv kennt also, die Mafiosi, aber diese kennen nicht den Detektiven.
Aufgabe dieser schwierigen Rolle ist es, mit dezenten Hinweisen oder nachdenklichen Fragen die Ermittlungen in die richtige Richtung zu lenken, ohne als Detektiv aufzufallen: Das würde ihn nämlich zum nächsten Mafi-Opfer machen.
 

3.     Weitere Tage und Nächte

Am zweiten Tag gibt es schon viel mehr Diskussionsstoff: Wer hatte wen angeklagt, wie wurde abgestimmt, warum suchte sich die Mafia gerade dieses Opfer aus, gab es auffällige Allianzen usw. Der Spielleiter eröffnet wiederum die Liste, das Verfahren gleicht jeweils dem des ersten Tages.
In den weiteren Nächten begeht die Mafia nach gleichem Schema weitere Morde (der Detektiv muß nicht wieder geweckt werden).
Der Ausgang der Abstimmungen entscheidet schließlich das Spiel: Sind am Ende die Mafiosi in der Überzahl haben sie gewonnen; werden alle Mafiosi rechtzeitig verurteilt, hat die Gerechtigkeit gesiegt.
 
 

Anmerkung:

Wenn der Spielleiter selbst am Spiel teilnehmen will, werden für die erste Nacht Klopfzeichen vereinbart für das Erwachen und Einschlafen der Mafiosi sowie für das allgemeine Erwachen am nächsten Morgen. Am Ende des ersten Tages wird dann der erste Tote zum Spielleiter ernannt. (Man sollte also darauf achten, in der ersten Runde einen guten Spielleiter auf die Liste zu bekommen :-) ).
 
 

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